Zur Ostalb gehört die Wacholderheide
Ihre Erhaltung - ein Problem unserer Zeit

Die Wacholderheiden gehören zum Charakterbild der Schwäbischen Alb. Der stark verkarstete Untergrund ließ überall auf der Hochfläche und an den Hängen der Trockentäler Magerböden entstehen, die sich einer land- oder forstwirtschaftlichen Nutzung entziehen. Doch ist die Wacholderheide keine Naturlandschaft, wie viele meinen; man bezeichnet sie als "Halbkulturlandschaft". Jahrhunderte hindurch haben die einst riesigen Schafherden auf der Alb das Aussehen der Wacholderheiden bestimmt. Huf und Maul der Tiere, dazu die spitze Schippe des Schäfers, verhinderten das Aufkommen von Disteln, Dornhecken, Fichten und Forchen. Der Wacholder dagegen wurde als nützlicher Schattenspender für die Schafe geduldet.

Wacholderheide                        Wacholderheide

In den letzten Jahrzehnten aber ist die Schafzucht auf der Alb mehr und mehr zurückgegangen, so dass die stimmungsvollen Heiden zu verwildern und zuzuwachsen drohen. War das Schaf einst nicht zuletzt auch als Dungspender wohlgelitten, so will es heute in den Rahmen unserer intensiv gewordenen Landwirtschaft nicht mehr so recht hineinpassen. Dazu kommt infolge der Konkurrenz aus Übersee ein kräftiger Preisdruck auf die Schafwolle. Dazu kommt, dass der Beruf des Schäfers im Aussterben ist, weil fast niemand mehr bereit ist, an Sonn- und Feiertagen und bei Wind und Wetter die Herden zu betreuen. Was aus den Wacholderheiden ohne Beweidung wird, zeigen heute schon hässliche Beispiele genug. Astige Forchen und Fichten, verdorrte Wacholder- und Schlehdornbüsche prägen dort das Bild.

Versuche, die Fichten und Forchen durch Aufästen wenigstens zu einem wirtschaftlichen Wert zu bringen, blieben ohne Erfolg, weil die Bäume ungleichaltrig und weitständig aufgewachsen sind. Geblieben ist ein schlechtes Bild und ein ungenützter Boden. Zu beklagen ist der Verlust typischer Landschaftsbilder der Alb, der Verlust von heute so notwendigen Erholungslandschaften. So fehlt es nicht an Stimmen, die sich energisch für die Erhaltung der Wacholderheiden einsetzen, wäre es doch unverzeihlich, wenn unsere Nachwelt sie nur noch auf Fotografien oder Gemälden betrachten könnte. Am besten wäre natürlich eine Wiederbelebung der Schafzucht. Das Gleichgewicht, das der Schäfer jahrhundertelang in der Natur gehalten hat, ist aber größtenteils schon so gestört, dass es unrealistisch ist, vom Schäfer noch allzuviel zu erhoffen. Es gilt allenfalls neue Wege zu suchen, um die Natur in die gewünschten Bahnen zu lenken. Es genügt nicht, die Natur in diesem Fall nur zu schützen - auch eine Ausweisung einer Wacholderheide als Naturschutzgebiet hilft eben nur wenig -, sondern sie muss plan- und sinnvoll gepflegt werden.

Chemische Mittel scheiden hierbei allerdings aus, denn die Trinkwasserversorgung, mit der wir es überall auf der Alb zu tun haben, wäre angesichts des verkarsteten Untergrunds zu sehr gefährdet. Ein anderer, gangbarer Weg ist der, die Heiden durch menschliche Arbeitskraft und den Einsatz von Maschinen zu erhalten. Klar ist dabei aber, dass dies nicht in dem Ausmaß möglich ist, wie es der Schäfer einst tat. Man benötigt geeignete Arbeitskräfte, denn neben rein technischen Kenntnissen ist auch die Fähigkeit vonnöten, das Landschaftsbild "stilrein" gestalten zu können. Die Arbeiten sind langwieriger, als man gemeinhin annimmt, denn das gesamte ausgeschiedene Material muss herausgeschafft und verbrannt werden. Zwangsläufig entstehen Kosten. Da werden die Kommunen, wird der Staat angesprochen.

Letztlich aber lässt es sich wohl nicht vermeiden, einen Teil der Heiden aufzugeben. Nur mit dem Mut zur Beschränkung auf das Wertvollste wird es möglich sein, wenigstens einen Teil der charakteristischen Alblandschaft zu retten. Die übrigen Flächen wird man aufforsten müssen, weil es keine bessere Lösung gibt. Jeder Freund der Natur wird umdenken und dies einsehen müssen. Ist der aufgezeigte Weg aber von Erfolg begleitet, werden wir uns auch künftig am Anblick vielleicht etwas kleinerer aber gepflegter Wacholderheiden erfreuen können. Es ist möglich, ja, es kann und muss möglich gemacht werden. Denn die Wacholderheide als echte Erholungslandschaft tut dem Menschen unserer Tage dringend not. Hier ist es möglich, dem Stress des Alltags zu entfliehen und zu sich selbst zu finden.

Wer die Wacholderheiden richtig kennenlernen will, der muss sie zu allen Jahres- und Tageszeiten durchwandert haben. Er muss die "Philosophen der Heide" in ihrer Ruhe auf sich wirken lassen, mit der sie schneebedeckt und gleichsam unbewegt den Winter überdauern. Er muss sie im Frühling aufsuchen, wenn die Küchenschelle ihre violetten Farbakzente beisteuert, wenn der Frühlingsenzian dunkelblaue Teppiche auf den gelb-braunen Heideboden legt. Oder er muss im Glast der Sommersonne in den Schatten des Wacholders entfliehen und dem Spiel der Heuschrecken, der Geschäftigkeit der Ameisen, der Ängstlichkeit einer Grille seine Aufmerksamkeit widmen. Und er muss auch durch die Heide gehen, wenn das feuchte Herbstlaub vom nahen Wald herübertrudelt, wenn der Novembernebel die Büsche zu gespenstigen Schemen verwischt. Und wer nicht in erster Morgenstunde das millionenfache Aufblitzen der Tautropfen auf den unzähligen Spinnweben erlebt hat, der kennt die Heide in ihrer ganzen, vielfältigen Schönheit ebenso wenig wie der, der nicht bei untergehender Sonne abseits der lauten Welt dem langanhaltenden Nachklingen einer von fern her rufenden Abendglocke gelauscht hat.

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